Es ist alles da, nur sehen wir es nicht. Die Angst lässt uns dran vorbei laufen.
Dem sechsten Blogeintrag ist ein sehr persönliches Thema gewidmet: Laufen und dessen Schattenseite die Angst.
Laufen...um wohin zu kommen.
Laufen...um anzukommen.
Laufen...um wegzukommen.
Alles eine Defintionssache. Dass Laufen grundsätzlich gesund ist und den Körper fit macht, das sei dahin gestellt. Aber mit einem chinesischen Sprichwort etwas weiter umschrieben:
„Es sind nicht unsere Füße, die uns bewegen, es ist unser Denken.“
Und da beginnt vielleicht der eigene Marathon... Apropos Marathon, um die (traurige) Geschichte rund um den Mythos aufzuräumen: Im Jahr 490 v. Chr. ließ der persische Hochkönig Dareios I. eine Strafexpedition in der Bucht von Marathon landen. Athen besiegte das persische Heer. Diese Nachricht wurde durch den Botenläufer Pheidippides von Marathon ins ca. 40km entfernte Athen "gelaufen". Pheidippides brach nach der Ankunft in Athen tot zusammen.
Vielleicht zu viel Botschaft für den Boten?
Es zeigt, dass Laufen nicht immer gesund ist. Im Marathon-Fieber der letzten Jahre hört man darüber nur wenig; vor allem über die Beweggründe. Botschaften werden heutzutage kaum mehr mündlich überliefert. Also warum laufen?
Manche Menschen laufen aus Freude der Bewegung und Gesundheit wegen. Das ist gut und fördere auch ich als Bewegungstrainerin. Nur lohnt es sich manchmal genauer hinzusehen. Nicht nur aufs Laufoutfit, auf die bunten Laufschuhe, sondern auf den Gesichtsausdruck, die Körperhaltung.
Es gibt auch ein (davon) laufen vor der Angst, als Flucht. Zum Glück. Das war in Zeiten wo es den Säbelzahntiger gab lebensnotwendig. Doch den gibt es, soweit man weiß, nicht mehr. Oder doch? Schon mal gesehen auf der Prater Hauptallee oder im eigenen Ort auf der Laufstrecke, im Wald?
Manchmal kann man seine Zähne noch fühlen, das Fell spüren... oder sind es die eigenen Zähne zusammen gebissen, die eigene Gänsehaut?
Angst?
Aber wovor?
Epiktet zitiert: "Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen." Aber was machen, wenn die Gedanken mit einem durch gehen? Laufen gehen? Schneller werden um zu flüchten.
Erich Kästner gibt dazu inspirierende und wertschätzende Antwort: "Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Phantasie." - also liegt es wohl an uns, woran wir denken und wohin wir diese Gedanken lenken. Ist es wirklich so einfach? Manchmal ja. Rausgehen in die Natur, die Laufschuhe anziehen, mit einen lieben Menschen an der Seite spazieren... sich bewegen. Sich mit dem Gefühl bewegen.
Aber was machen mit der Angst, die auf einmal da ist? Die einen bändigt oder gar ohnmächtig macht? Vor der man sich nicht ablenken kann und die einen nicht mehr bewegen lässt.
Safi Nidiaye schreibt in ihrem Buch "Gefühle sind zum Fühlen da" über das Thema Angst sehr schön:
"Angst haben macht klein. Angst fühlen macht groß.
Wie jedes negative Gefühl bezieht sich Angst auf einen Schmerz. Es ist dieser Schmerz, den wir fürchten, vor dem wir flüchten, uns verschließen, den wir abzublocken versuchen."
Und in manchen Situation ist es auch wichtig, dass wir Angst haben. Sie schützt uns vor der Gefahr. "Die Angst steckt in jedem Menschen, aber die schwere Aufgabe besteht darin, sie zuzulassen und richtig mit ihr umzugehen." meinte Sören Kierkegaard über die Angst. Kluger Mann dieser dänische Philosoph, der sich intensiv mit dem Thema in "Der Begriff Angst" auseinander gesetzt hat.
Und der Umgang kann das Gefühl willkommen heißen, da sein lassen. Zumindest für den Moment. Und dieser verändert viel. Angst fühlen kann Tränen hervorbringen, Leere zeigen, körperliche angestaute Energie raus lassen oder auch einfach mal Nichts da sein lassen. Stille. Denn: Jetzt passiert eigentlich nichts (mehr). Dem "eigentlich" mit Joanne K. Rowlings Worte etwas tröstend beschrieben:
"Ist das hier wirklich? Oder passiert es in meinem Kopf?" "Natürlich passiert es in deinem Kopf - aber warum um alles in der Welt sollte das bedeuten, dass es nicht wirklich ist?"
Eine kleine Geschichte, die der Angst ihre Schwester Hoffnung bekannt macht, möchte ich zu einem wohlwollenden Ende erzählen:
Ein weiser Mensch meinte, Leben ohne Angst sei nicht möglich.
Nur je tiefer man in den Sog der Angst versinkt, desto mehr sehnt man sich nach etwas, was jenseits all dem und jenseits aller Dunkelheit liegt - man sehnt sich nach sich selbst, nach Liebe, nach den Farben des Himmels. Doch eigentlich ist das alles da. Du. Liebe. Der Himmel. Wenn du heute nach draußen gehst, lade ich dich ein nach oben in den Himmel zu blicken. Ihn zu beobachten. Dich zu beobachten. Deiner Phantasie freien Lauf zu lassen, mit allem was da ist. Denn:
So, wie sie sind, sind die Dinge vollkommen in Ordnung. So, wie du bist, bist du vollkommen in Ordnung. Mit und ohne Angst.
Hoffnungsvolle Grüße,
Isabell
Lesetipps:
- "Das Licht des Himmels in dir" von Ronald Schweppe und Aljoscha Long
- "Angst" von Georg Psota und Michael Horowitz
- "Gefühle sind zum Fühlen da" von Safi Nidiaye
Wer sich nicht fürchtet :) - Der Säbelzahntiger-Reflex: https://prof-stark.de/prof-dr-stark/prof-stark-methode/saebelzahntiger-reflex/
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