Über Pläne im Leben und wenn diese dann vom Leben umgeworfen werden; mit Geschichten vom Bau.
Ich sitze vor meinem Zettel mit der Überschrift "Sommer" - überall bunte Farben und verschiedenste Ziele. Von Reisen in den Norden ans Meer bis hin zu hohe Berge im Westen. Dazwischen andere farbige Vorhaben und ganz viele Gedanken...
Eine Woche später sitze ich wieder vor diesen Zettel und spüre: Da passt etwas nicht. Etwas in mir hat keine Freude und mein Körper ist müde und möchte nicht Pläne machen oder gar diese ausführen. Und eigentlich ist auch mein Kopf müde, nur der mag es sich nicht so sehr eingestehen.
"Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen."
sang John Lennon in seinem Lied "Beautiful Boy" und wie recht er hat. Denn das Leben ist kein Plan, den man bei der Behörde einreicht, freigegeben bekommt und mit dem Bau beginnen kann. Am Ende das fertige Gebäude und alle sind glücklich?
Aus meiner langjährigen Zeit in der Baubranche funktioniert das Bauen so aber auch nicht, wenn man wirklich hinter die Fassade blickt. Unzählige Veränderungen, unvorhersehbare Zwischenfälle, ungeplante Situationen mit Beteiligten am Baufeld und dann am Ende womöglich viele Diskussionen über Kosten und Mängel. Der Architekt grantig, die Bauarbeiter müde und die Eigentümer verwirrt, weil alles ganz anders wurde als sie es sich vorgestellt haben. Sicher ist das jetzt etwas überspitzt formuliert, aber was ich damit ausdrücken will: Ein Plan ist ein Plan und eben nicht das Leben. Auch nicht am Bau.
Aber wer kennt nicht Situation wo der Wunsch nach einem Plan für das Leben sehr stark im Kopf ist. Womöglich steckt dahinter der Wunsch nach Halt, Sicherheit und Kontrolle. Ich hab einen Plan, führe den gedanklich genau aus, organisiere alles drum herum um und dann... spüre ich: Er passt nicht ins Leben. Eigentlich spürt das vielleicht der Körper eher als der Kopf. Mein Körper reagiert. Auch wenn mein Geist natürlich nicht erfreut darüber ist und anfangs den Körper so gar nicht hören will, aber zum Glück ist dieser laut und stark.
"Wir müssen bereit sein, uns von dem Leben zu lösen, das wir geplant haben, damit wir das Leben finden, das auf uns wartet." Joseph Campbell
Wie jetzt? Der Plan steht doch. Es wurde doch alles organisiert!
Ich blicke auf den Zettel über meine Sommerpläne und stoße bei einem Wort an die Grenzen meines Körpers und die meiner Seele, die nicht wollen. So sehr mein Kopf am Plan festhalten will, nur ist der nicht alleine in mir. Mir kommt Friedrich Dürrenmatt in den Sinn, der meinte
"Je planmäßiger der Mensch vorgeht, um so wirkungsvoller trifft ihn der Zufall."
Etwas in mir resoniert mit den Worten des Schweizer Schriftsteller, Dramatiker und Maler. Besonders das Wort "wirkungsvoll" berührt mich. Etwas wirkt in mir aus all dem was ich planmäßig versucht habe zu leben. Ob einem dann der "Zufall" nach Dürrenmatt trifft oder einem das Leben begrüßt, das lasse ich jedem frei für sich im Wort wählen.
Ich nehme: Mich trifft das Leben. Mein Körper reagiert und holt mich auf den Boden zurück, abgehoben im Kopf mit all den Ideen, Plänen und Zielen... die für sich ein Geschenk sind, aber eben nicht ohne dem Körper. Erst mit und in ihm kann ich all meine Ideen, Pläne und Ziele leben.
Aber was tun, wenn der Plan nicht mehr stimmig ist?
Wenn ich an die vielen Momente in der Baubranche denke, wo erst auf der Baustelle klar wurde: So geht das nicht. Ja dann braucht es eine Änderung oder Anpassung. In der Produktion, vor Ort und damit ein Kommunizieren mit den Beteiligten. Und manchmal kam es auch vor, dass man sich nicht einig wurde was jetzt getan werden soll. Es brauchte seine Zeit für Klärung und Raum für einen neuen Weg Vielleicht ist das auch etwas, das man im Leben sich eingestehen darf: Der Weg muss nicht gleich da sein. Wie wäre es statt auf die Lösung zu pochen, Möglichkeiten zu finden? Anders zu denken oder vielleicht auch mal gar nicht zu denken und einfach zu leben.
"Ja aber da ..." schreit eine Stimme lautstark in mir, die am Plan festhalten will.
"Nix ja aber!" sagt mein Körper.
"Ich will leben und nicht funktionieren." spricht meine Seele sanft.
"Vielleicht sollten wir einfach mal Nichts tun?" singen alle drei im Chor.
Eine Ode an das Nichts.
Es darf nämlich auch mal Nichts getan werden.
"Leben, das ist das Allerseltenste in der Welt..." Oscar Wilde
Dass all die Ideen, die Freude versprühen und all die Pläne, die eng machen auch umgeworfen werden dürfen um sich wieder frei dem Leben hinzugeben - das wünsche ich. Zu leben in all seinem Wandel, in all seinen Veränderungen und in all seiner Lebendigkeit.
Lassen wir uns vom Leben überraschen.
Herzlichst,
Isabell
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Musiktipp:
- "Let it be" https://www.youtube.com/watch?v=LTG-uVV_6q0
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